Feedbackgespräche führen

Warum das Feedbackgespräch abgeschafft gehört (und was besser klappt)

Man kann es drehen und wenden: Formalisierte Feedbackrunden sind ganz schön einseitig.
Inhaltliche Klammerung, Aufbau eines Positivzwangs oder gar verordnete Danksagungen wirken mechanisch. Und wenn noch die viel Augenhöhe propagiert wird: sobald eine Person mit formaler Macht über mich anwesend ist und das Gespräch “führt”, bekommt das Ganze ein Gefälle. 

Andererseits ist Feedback wichtig: Eine Feedbackrunde ist ein soziales System, in dem “andere” Kommunikation wahrscheinlicher wird. Sie erlaubt einen Perspektivwechsel, der nicht selbstverständlich ist. Und sie kann das soziale Wohlbefinden steigern, gar eine psychologische Sicherheit bieten.

Das Jahresgespräch ist tot, dahingehend sind wir uns einig.

Nicht erst umfassende Umfragen (z.B. von Rundstedt) ergeben, dass fast 40 Prozent der deutschen Arbeitnehmer:innen häufigere Rückmeldungen zu ihren Leistungen erhalten – Tendenz, insbesondere unter der Gen Y, steigend.
Auch ist aus der Psychologie bekannt, dass Feedback nur situativ verinnerlicht wird. 

Der wichtigste Punkt aber: Feedback ist keine Einbahnstraße, sondern ein Dialog.
Und ein solcher braucht Offenheit. Im schlimmsten Fall ist ein “Feedbackgespräch” aber sogar an Leistungen und Konsequenzen gekoppelt – und zwar im Sinne der Ziele, die – wiiiiiiiie bitte EINMAL, ZWEIMAL im Jahr –  besprochen werden.

Dass das nicht funktioniert, ist längst in den Managementetagen angekommen.  Ziele müssen dynamisch sein.

Nein zu SMARTen oder fixen Zielen

Mit Fokus auf die SMART-Formel lässt sich so gut wie jedes Ziel erreichen. Das ist aber banal und nicht dynamikrobust. Was passiert: es sind die falschen Ziele, die erreicht werden.
Diese Methodik hat in modernen, (agilen) Unternehmen längst keinen Bestand mehr. Nur Unternehmen, die der harten Steuerung unterliegen, aber auch dort immer weniger.

Richtig messen oder das Richtige messen?

Ziel erreicht und jetzt gibts noch schnell eine Belohnung.
Blöd nur, wenn unreflektiert einem smarten Ziel gefolgt wurde. Warum?

-Es lässt sich nicht alles messen, quantifizieren. Versucht doch mal Tennisbälle zu verpacken: Klar, wenn man diese halbiert und schichtet, bekomme ich mehr in die Packung. Was für eine Ersparnis an Platz und Gewicht und Logistik. Dennoch: keine gute Idee. Natürlich ist die Einladung zur Hochzeit per Massen-Email effizient, aber fühlen die Gäste sich wirklich eingeladen? 

 

 

Smarte Ziele in dynamischen Umfeldern funktionieren nicht
Bild gesehen auf LinkedIn bei Steve Gatena

Die Gefahr einer Kontrollillusion zu erliegen ist groß, der Preis der vermeintlichen Sicherheit hoch. Oft vergessen und schmerzlich vermißt: die Marktdynamik.

-Der Kontext ändert sich meist schneller als das Ziel. Wenn der Kontext nicht berücksichtigt wird, wird ein festgelegtes Ziel schnell unsinnig. 

Wie dann? Was wollen wir eigentlich? 

Wir wollen Menschen, die sich mit Initiative einbringen, die einen Unterschied beim Kunden machen.
Kann man das mit dem jährlichen Feedbackritual erreichen? Antwort: Nein! Natürlich nicht!

Was also tun?

Feedback ist wichtig, und zwar in beide Richtungen.

Wir brauchen Resonanz, um uns wahrgenommen und geachtet zu fühlen.

Wir lernen durch Feedback, verändern unser Verhalten und somit unsere Leistungserbringung. Dies ist ein permanenter Vorgang, daher sollte Feedback in permanenten Dialogen stattfinden. 

Auch Ziele sind wichtig (auch wenn bereits Modelle der “zieloffenen Organisation” diskutiert werden): Ziele sollten sich aber an der Marktentwicklung ausrichten und diese ist – richtig, dynamisch.

-Setze bei der Zielformulierung auf relative Ziele, statt fixierte Ziele. Vergleiche Deine Performance immer mit dem Markt.

-Beurteile Leistung immer im Kontext, nicht nach einem Plan. Vergleiche im Nachhinein.

-Trenne Ziele strikt von Gehalt, Belohnungen, Incentivierungen und Sanktionen.

-Richte sämtliche Tätigkeiten (und Prinzipien) an der Wertschöpfung aus

Nun aber zur Etablierung einer fluiden Feedbackkultur, die natürlich auf Freiwilligkeit basiert:

Nochmal: es ist freiwillig!
Die Mitarbeiter:innen treffen sich eigenverantwortlich in einem passenden Rhythmus zu einem offenen Dialog, um darüber zu sprechen, wie es läuft. Völlig ohne Vorgaben.

Damit diese Gespräche dennoch strukturiert ablaufen, werden fünf simple Fragen besprochen – für jeden individuell und dann auf der Ebene des Teams:

  1. Was war mein individueller Beitrag zum Projekt, zur Kultur, und wie habe ich den Markt dabei einbezogen? 
  1. Was war schwierig? Womit habe ich mich schwergetan?
  1. Wie präsent war ich und was hat das bewirkt (für mich selbst und für die Leute, mit denen ich zusammenarbeite)?
  1. Gibt es etwas, das ich aus diesem Zeitraum für mich mitnehme, welches werden meine nächsten Fokusziele (siehe auch mein letzter Newsletter)? 
  1. Was sind unsere gemeinsamen Prioritäten, wen kann ich bei etwas unterstützen? 

Zu guter Letzt: eine hochwertige Feedback-Kultur erfordert den Mut auch die eigene Persönlichkeitsentwicklung immer im Auge zu behalten und sich selbst immer besser kennenzulernen. Automatisch profitiert davon auch die Unternehmens- und Gruppenentwicklung, weil Ziele durch die volle Potenzialentfaltung im Team erreicht werden und so den Unternehmenserfolg sichern.