Warum Kreativtechniken nicht kreativ machen.
In gesättigten Märkten ist Innovation eine Pflicht. Dabei meine ich natürlich nicht nur Produktinnovationen, sondern besonders die Faktoren, die auf die Kaufentscheidung des Kunden einwirken: Qualität, Service, Markenimage, Geschwindigkeit, Preis … die Liste könnte man eine Weile fortsetzen. Aber klar ist, wer nicht innoviert verliert.
Genauso wie Motivation kann man auch Innovation verhindern, indem man im Unternehmen nicht auf die richtigen Wirkfakoren setzt.
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Wie aber gelingt Innovation? Gibt es einen ausgefeilten Produktentwicklungsprozess? Gibt es eine Innovationsabteilung? Einen Chief Innovation Manager womöglich?
Mag sein. Aber was ich mit Sicherheit sagen kann: An den oben genannten Eigenschaften liegt es nicht. Hab ich alles schon live erlebt: da werden monatelang in Garagen Ideen ausgebrütet die dann rauskommen und – nicht anschlußfähig sind.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Innovation zielgerichtet hergestellt werden könnte.
Genauso wie Motivation kann man auch Innovation nur verhindern, aber nicht gestalten.
Was also ist die Basis, die Vorbereitung für Innovation? Kreativität. Ko-Kreativität und eine Schaffenskultur.
Kennt ihr das auch? „Wir sammeln unsere Ideen nun hier am Brett“. Irgendwann schaut sich das dann mal jemand an, es werden ein paar für gut befunden und gezogen. Und dann? „Lasst uns mal ein Brainstorming dazu machen“. *Nackenhaare hoch*
Zurück zum Ursprung: Was ist überhaupt eine Idee?
Eine Idee ist ein Gedanke. Eine Idee entsteht im Bauch und wandert unstrukturiert in den Kopf. Ideen sind Gedanken, die sich erfolgversprechend anfühlen. Es braucht also den Verstand (Gedanken) und den Körper (Gefühle), um eine Idee zu erkennen. Dort, beim Ideengeber, fristet sie zunächst ein einsames Dasein, bis sie – ja, bis sie mitgeteilt wird.
Was mache ich mit Ideen, die im Unternehmen entstehen?
Für Unternehmen lauten die zentralen Fragen: wie können wir produktiver mit kreativen Ideen umgehen? Wie können wir Kreativität fördern, statt sie zu verhindern?
Zunächst einmal „was mache ich nicht“:
Ein großer Fehler ist es, die Idee vom Ideengeber zu trennen. Oder habt ihr schon mal gehört, dass ein Kunstwerk vom Künstler getrennt wurde? Eine Idee ist an eine Vision gekoppelt, und die Vision auch an die Ausgestaltung. Eine Idee ist am Anfang so unausgegoren, dass sie gar nicht beschrieben werden kann. Wenn der Ideengeber also seine Idee abgeben soll, wird er nicht in der Lage sein, eine Bauanleitung mitzuliefern. Erst beim „Machen“ merkt der Ideengeber, dass die Idee kleine Fehler hat, die er ausmerzen kann (weil er weitere Ideen dazu hat und weil sein Herzblut daran hängt).
Innovation ist das Ergebnis von Kommunikation.
Die Idee soll also mitgeteilt werden.
Wenn eine Idee in einem System, in einer Gruppe auf Resonanz stößt, wird sie zum Leben erweckt. Das kennt jeder aus Gruppendynamiken. Die Idee „Lasst uns doch heute mal eine Radtour machen“ fruchtet nur, wenn die Gruppe sagt „Yay“.
Eine gute Idee ist immer begleitet von zahlreichen „Ja, aber´s“. Ist sie das nicht, so ist sie nicht gut. Das erkenne ich daran: wenn ich meine Idee im Meeting mitteile und alle rufen begeistert: “Toll, machen wir so, lass uns das sofort umsetzen“, dann ist sie halt irgendwie „nett“, aber nicht bahnbrechend. Denn bahnbrechende Ideen, die zu einer Innovation führen sollen, brauchen immer Widerstände. Wenn nicht im eigenen Unternehmen, dann spätestens am Markt oder seitens Konkurrenz.
Eine Idee wirft also Fragen auf und trifft auf Widerstand.
Ideen sind also auch Lösungen. Und Lösungen entstehen, wenn es Probleme gibt. Das ist der entscheidende Punkt: Kreativität beginnt im ERKENNEN VON PROBLEMEN. Es ist also das Problem, welches Kreativität befeuert. Probleme unter den Teppich zu kehren ist also keine gute Idee.
Wenn man vermeintlich keine Probleme hat, kann man übrigens auch welche provozieren: Hier gibt es eine Reihe an Fragen, die eine Idee oder eine These provozieren.
Weiter braucht eine Idee die Resonanz zum Markt. Kennen wir auch: ein Produkt verkauft sich nicht allein deshalb, weil es gut ist. Viele Faktoren bestimmen den Erfolg eines Produktes: die Wahrnehmung innerhalb der kritischen Masse, Marketing, Vertrieb, Lobbyismus u.v.m.
Und hier nun endlich! Endlich werden Techniken wie Design Thinking, Work Alone Together etc. interessant: Details werden präzisiert, Kunden werden befragt, Prototypen gebaut etc.
Wie kann man den nun mehr Ideen „produzieren“, wie geht der Weg in eine Ideenkultur?
Was man machen kann: Den Rahmen und den entsprechenden Freiraum für Kreativität geben! Hier gibt es einen Artikel zu den Wirkfaktoren für Kreativität im Unternehmen.
Und jetzt bitte nicht denken: ok, cool, wir blocken uns jetzt einmal im Monat einen Tag und machen ein Brainstorming. NEIN!
Also nochmal: Eine Idee entsteht nicht am Ende einer Technik, einer Methode oder eines Prozesses.
Es ist nun mal ein Fehler Prozessen und Techniken eine Kraft zuzusprechen, die sie nicht haben.
Prozesse sind ein wichtiger Schutzraum, in dem Menschen sich trauen eine Idee auszusprechen. Aber Ideen entstehen dort nicht. So kommen auch nur knapp 1% der neuen Produktideen durch den Einsatz von Kreativitätstechniken zustande (vgl. Brodbeck 2004).
Der tolle Blick auf Techniken und Methoden macht das Selbstdenken letztlich obsolet und was für Führungskräfte daher immer wichtiger wird, ist eine Förderung der intrinsischen kreativen Grundpotenziale des Menschen. Und der Blick auf die Frage wie und wo diese Potenziale sinnvoll in die unternehmerische Praxis eingebaut werden können.
Und jetzt überlegt mal, es gäbe diesen Schutzraum immer. Was ist plötzlich möglich?
Sei du selbst der Schutzraum. Sei eine Anlaufstelle. Mach dein gesamtes Team zu einer Anlaufstelle und zu einem ko-kreativen Raum.
Das ist der Grund, warum ich im mit Führungskräften am kreativen MindSet arbeite. Und an dem Raum für Kreativität. Und an den Begegnungen: für Ko-Kreativität.
Wie ihr seht ist es gar nicht so einfach mit dem kleinen fragilen Pflänzchen „Idee“ umzugehen. Ich unterstütze gern!