Darum scheitern Werte-Workshops

Auf die Werte, fertig los: Darum scheitern Werte-Workshops.

Unternehmenswerte sind wichtig, denn sie bieten Orientierung.
Das Pikante: Genauso wenig, wie man eine Kultur aktiv gestalten kann, kann man sich einfach Werte ausdenken, diese dann an die Wand hängen und glauben, dass sie gelebt werden. So einfach ist es in der Realität nicht. 

Wenn man Mitarbeiter befragt, welche Werte innerhalb der Kultur ihrer Meinung nach gelebt werden, so können sie dies meist schwer beantworten.
Der Grund: Die Befragten
sind Teil des Systems, Teil der Kultur.
Sie nehmen durchaus Werte wahr, die sich aber eher wie ein Bauchgefühl äußern, konkret können sie Werte und Verhaltensregeln aber oft nicht benennen.
(Ich meine nicht die Werte, die an der Wand hängen oder irgendwo auf der Website stehen – in den seltensten Fällen sind das nämlich die, die gelebt werden. Dazu kommen wir noch). 

Warum Unternehmen und Marken Werte und Prinzipien brauchen

Jeder Mensch trifft pro Stunde 2.000 Entscheidungen, das belegen wissenschaftliche Studien. Wer einen 9-to-5-job hat, entscheidet also rund 16.000 Mal am Tag. Das kann verwirrend und anstrengend sein. Umso wichtiger, dass etablierte Werte unsere Leitplanken sind. 

Damit MitarbeiterInnen bei 16.000 Entscheidungen nicht den Überblick verlieren und diese im Sinne des Unternehmens treffen, brauchen sie also Leitplanken. Und im Sinne der Förderung der Selbstorganisation sollte diese Leitplanke nicht die Führungskraft sein, zu der mit jeder Entscheidung gerannt wird. MitarbeiterInnen sollten selbstorganisiert in der Lage sein, zügig Entscheidungen zu treffen. Dazu braucht es Werte und Prinzipien. 
Werte dienen also der Komplexitätsreduktion.

Warum nun aber scheitern Werte-Workshops?

Werte sind nichts, was sich das Management oder irgendeine Agentur ausdenkt, erarbeitet und dann an die Wand hängt. Auch nicht gemeinsam mit den Mitarbeitern.

Es ist verführerisch glauben zu wollen, man müsse sich ja nur hinstellen und diese Werte erarbeiten. „Ja, so wollen wir sein, so wollen wir miteinander umgehen, und das soll unsere Marke sein“. Diese Idee der Gestaltung trifft auf die harte Immunabwehr der Organisation. 

Denn eine Kultur kann man nicht gestalten. 

Und doch wird es immer wieder versucht. 

„Die Werte, die in einem Unternehmen an der Wand hängen, sind meist die, die ihm fehlen.“

Nachdem das Unternehmen sich gemeinsam mit den Workshop-Teilnehmern also auf das erstrebenswerte Mindset, gepaart mit den neuen Werten, geeinigt haben, folgt die Enttäuschung auf den Fuß.

Nur wenige Tage bis Wochen nachdem die unterschriebenen Plakate mit den Werten ausgehangen wurden, die Give-Aways und Kaffeetassen bestellt sind, wird die unüberwindbare Kluft zwischen der proklamierten und der gegenwärtigen Kultur zur harten Zumutung.

Beinahe peinlich berührt schiebt man sich bei dem Besuch von Partnern und Bewerbern ab sofort zwischen das Plakat und die Person, um die Sicht darauf zu versperren. Bei Online-Meetings wird die Kaffeetasse mit dem blanken Rücken zur Kamera aufgestellt.

Es fühlt sich nicht richtig an.

Das Problem? Die Werte existieren ja schon.

Das scheinbar Paradoxe ist ja, dass die Werte im System bereits bestehen. Da könnt ihr euch mit Händen und Füssen wehren: Die Mitarbeiter leben in einem System, in dem sie sich längst angepasst und die bestehenden Werte entsprechend adaptiert haben. Und das über „Generationen“. Das lässt sich nicht ändern. 

Sicher habt ihr von dem Affen-Experiment gehört: Jedes Mal, wenn ein Affe versucht, sich am oberen Ende einer Leiter eine Banane zu holen, werden alle Affen unterhalb der Leiter mit Wasser bespritzt. Schnell versuchen seine Kollegen also, ihn davon abzuhalten (und prügeln ihn grün und blau).

Jetzt wird der Aufbau des Experiments verändert.
Das Wasser wird abgestellt und man tauscht einen der Affen aus. Der neue Affe versucht an die Bananen zu gelangen. Was ihm schlecht bekommt, denn er wird sofort von den anderen Affen abgehalten und verprügelt. Der Neue versucht es noch einige weitere Male; doch immer mit demselben Ergebnis. Schließlich stellt auch er seine Versuche ein, an die Bananen zu gelangen. Den Grund für die Prügel kennt er nicht. Aber er passt sich an.

Selbst als alle Affen ausgetauscht waren: Der Verhaltenshabitus (Prügel beim Versuch, eine Banane zu erreichen) wird fortgeführt.
Sogar dann, als der Wasserstrahl gar nicht mehr genutzt wurde.
Das nennt man auch „das kulturelle Gedächtnis“.

Und jetzt? Nun gilt es wie ein Trüffelschwein die Werte, die bereits gelebt werden, aufzuspüren:

Doch wie kann ein erfolgversprechendes Werte-Vorhaben aussehen?
Kultur ist etwas Unsichtbares, schwer Greifbares, etwas, das wir täglich nutzen und uns doch nicht richtig bewusst ist. Als Mitarbeiter, der/die Teil der Kultur sind, ist es schwer, diese zu beschreiben. Als Teil meiner Familie oder Freundeskreises ist es auch immer schwer, einen Habitus zu beschreiben. Ich bin so sehr Teil des Systems, dass ich schwerlich sagen kann, welchen Werten die Beschreibung eines Familienrituals folgt, die tatsächlich aktuell gelebt werden und nicht nur Relikte aus der Vergangenheit sind, wie bei dem Beispiel mit den Affen.
Diese Unterscheidung ist sehr schwer vorzunehmen als Teil des Systems.

Deshalb kann man seine eigene Kultur nicht oder nur schwer beobachten. Es macht Sinn, dies jemandem außerhalb des Systems zu überlassen.

Die Kulturmusteranalyse

Es ist wichtig, der eigenen Kultur auf die Schliche zu kommen. Anhand einer Kulturmusteranalyse, die sich verschiedener Gesprächsansätze, Fragestellungen und Interventionen bedient werden bestehende Werte und Dysbalancen herauskristallisiert. Dabei ist es entscheidend, dass diese Gespräche von jemand Externem, jemand ausserhalb des Systems geführt werden. 

Eine Bewusstheit über die informellen Spielregeln und organisationalen Glaubensätze hilft, mit Kultur besser umzugehen. Die aufgespürten Werte und Glaubenssätze werden in einem gemeinsamen Reflexionsworkshop besprochen.

Um nun etwas zu verändern, muss sich der Fokus dann aber auf die gestaltbaren Elemente der Organisation richten.
Die Leitfrage lautet: Welche Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit können wir verändern, damit es vermutlich besser wird?
Der Kern der Arbeit liegt auf dem System und der Kommunikation, nicht auf den Menschen.

Um noch einen Einblick auf den Fokus der Gestaltbarkeit zu geben nenne ich drei Punkte:

  1. Die Geschäftsführung benötigt ein Verständnis der Wirkmechanismen in Führung und Organisation. 
  2. Gestaltbare Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit werden unter die Lupe genommen und störende Managementpraktiken abgeschafft: Arbeitszeiterfassung, Urlaubsanträge, Verkäuferprovisionen, 360-Grad-Feedback, 5-Jahrespläne, Investitionsanträge – notwendig? Regelmeetings, Kennzahlen, Kostenstellen – Reduzierung?
    3. Verankerung eines Systemsdenkens: Um die Kraft bestehender Dynamiken in Organisationen freizusetzen, müssen jeder Mitarbeiter und jedes Team die Wichtigkeit von individueller Autonomie, Verantwortung sowie gemeinschaftlichem Denken und Handeln verstehen und umsetzen lernen.
    Das Denken in Systemen stellt für viele zweifelsohne eine Herausforderung dar. Lange Zeit wurden wir in hierarchischen Strukturen, siloartiger Aufgabenverteilung sowie in rein monetären Anreizen sozialisiert.

Über konsequentes Vorbildverhalten der Führungsebene ist es möglich neue Werte, Prinzipien und gewünschtes Verhalten langsam zu etablieren. Langsam. Sehr langsam. 

Hast du Lust mit mir durchzustarten und in einem ersten Schritt in die Kulturmuster Deiner Organisation eintauchen, diese zu durchdringen, sie sichtbar zu machen, aufdecken? Und dann gemeinsam zu reflektieren, wie es weitergeht?

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