Leadership ist die Balance aus Führen und Loslassen

Wie viel Führung darf´s denn sein?

Führungskräfte, die sich für den Leadership-Stil entscheiden wollen bewusst anders – oder eben weniger – führen: konstruktiv, ermutigend, kreativ.
Es ist schwierig. Jeder Neu-Führungskraft, die ich im Mentoring oder in einem Kurs habe sage ich erst einmal: „Du wirst dich jetzt ein ganzes Stück einsamer fühlen“. Der Führungs-Alltag ist zunächst einmal ernüchternd: nichts läuft, wie sie es sich vorgestellt haben. So stellen sie nun Freiräume zur Verfügung und erwarten hochmotivierte Teams, die selbstorganisiert Top Ergebnisse liefern. Kommt aber nichts. Also doch wieder eine Ansage gemacht. Auch das führt nicht zu besseren Ergebnissen. Dieses Dilemma hat drei Ursachen:

  • Soziale Systeme sind komplex.
  • Führung wirkt nicht linear.
  • Führung bleibt bis zu einem gewissen Grad unplanbar.

Und nun?

Komplexität: Die viele Faktoren, die auf das Führungskonstrukt drücken, machen eine logisch-lineare Steuerung unmöglich. Das gesamte Umfeld wird von Dingen beeinflusst, die sich nicht planen lassen: Entscheidungen auf Unternehmensebene, Verhalten eines Kunden, Kollegen, sich ändernde Marktumfelder, Unternehmenskultur und so weiter. Reaktionen und Verhaltensweisen lassen sich nicht vorhersehen. Das führt schnell zu Frustration: die Mitarbeiter springen nicht vor Freude in die Luft. Die Zeit und Energie, die in Führung gesteckt wird, wird nicht weniger, sondern mehr.
Was kann noch helfen?

Tiefer reinzugehen: Welches Problem löst dieser Mensch, indem er sein Verhalten NICHT ändert? 

21 Tage brauchen wir, um eine Gewohnheit zu ändern. Und da wundern wir uns, dass Unternehmen, in denen mehr als 1.000 Menschen arbeiten, die alle in Abhängigkeit zueinander stehen, sich so schwer tun. Und habt ihr einen Menschen schon mal gefragt, warum er sein Verhalten nicht ändert? So, wie er/sie es sich doch vorgenommen hat? So, wie ihr es besprochen habt?
Besser nicht. Denn diese Frage bringt uns nicht weiter. Fragt euch besser: Welches Problem löst dieser Mensch, indem er sein Verhalten NICHT ändert? Wovor schützt ihn sein “altes” Verhalten? Ahhhhh…. now we are talking!

Was hilft nun, mit dem Frust umzugehen?
Es zu akzeptieren. Mein Umfeld und damit auch die Wirkung meiner Führung, sind komplex. Ich bin täglich zwischen der Balance aus Steuerung und Loslassen gefangen und es passiert doch etwas ganz anderes. Und genau das ist normal.

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Führung entsteht auf mehreren Ebenen. Durch formale Macht, also durch die Befugnis aufgrund eines Titels anzuweisen, Regeln aufzustellen, Entscheidungen zu treffen.
Die nächste Ebene ist die des Systems: Kraft allgemeingültiger Rahmenbedingungen, Spielregeln des Marktes, des Unternehmens aber auch der „unsichtbaren“ Regeln, die sich innerhalb der Kultur oder der „Hackordnung“ eines Teams herausbilden.
Eine Spielregel des Marktes kann es sein, dass diese sehr schnelllebig ist und das Unternehmen flexibel reagieren muss. Eine unsichtbare Regel kann es sein, dass Richtlinien der Unternehmensleitung unsinnig erscheinen und umgangen werden.
Nicht zu vernachlässigen: Die „Hackordnung“ – welch böses Wort. Es ist immer wieder spannend zu beobachten, wer sich wem unterordnet, freiwillig oder zwanghaft. Führung entsteht nämlich nicht nur dadurch, dass gefolgt werden soll, sondern auch dadurch, dass gefolgt werden möchte. Einer Idee, einem Projekt, einer Initiative, einem Gedanken oder eben auch einem Menschen.

Nachdem wir uns die Ebenen, auf denen Führung entstehen kann einmal bewusst gemacht haben wird klar: Führung entsteht dort, wo sie Sinn ergibt. Eine Idee, ein Prozess hat sich überholt? Folgen wir der nächsten. Erstellen wir einen neuen.

Diese Eigendynamik kann man besonders gut in komplett selbstorganisierten Prozessen beobachten: in Netzwerken oder Vereinen z.B., die ein gemeinsames Ziel verfolgen.

Was ist denn hier die Aufgabe der Führungskraft?

Jetzt könnte man meinen, es ist die Führungskraft, die die Ideen vorgeben sollte. Aber nein, die Idee entsteht im Team. Die Führungskraft sollte auf Sinnhaftigkeit überprüfen und im Auge behalten, ob alle noch dem richtigen Pfad folgen und falls nicht, die Zügel in die Hand nehmen.

„Ist dies noch folgenswürdig“ lautet die Frage hinter der Frage.

Falls ja heißt es nun abzuwägen, wie viel Raum oder wie viel Führung ich gebe.

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Die Moderationsfähigkeit einer Führungskraft

Nehmen wir als Beispiel eine Besprechung mit 5 Teilnehmern. Es gibt eine lockere Agenda, um nicht ganz den Faden zu verlieren, aber um eben auch Raum für Neues zu geben. Und genau das passiert sehr oft, wenn Menschen in einem Raum sind: sie fangen an, zu diskutieren (Gott sein dank!). (Und hoffentlich nicht nur über das Wetter).

Immer wieder fallen Bemerkungen wie „Guter Gedanke“ oder „Das hat neulich schon nicht funktioniert“ oder „was wäre, wenn…?“ Beobachte: die Aufmerksamkeit springt dort hin, wo Sinn entsteht. Und es ist auch Führung, dies zu erkennen und diesen Sinn zu verfolgen. Moderiere, sanft. Richte den Blick auf die Zukunft und auf das, was funktioniert. Sätze wie „hat damals nicht….“ dürfen im Sande verlaufen.

Am Ende verlassen alle das Meeting mit einem guten Gefühl und einem hohen Commitment zu der Sache. Weil es eine freiwillige, selbstorganisierte Entscheidung war, zu der die Beteiligten am Ende gekommen sind.

Wie viel Führung denn nun…? Take the best of both worlds

Von den beschriebenen Ebenen ist es die der formalen Macht, die einer Führungskraft den größten Gestaltungsspielraum einräumt. Das heißt aber nicht, dass diese Macht am meisten wirkt. Denn die Macht des Systems ist aus meiner Sicht die stärkste und dabei auch die, die man am wenigsten beeinflussen kann.

Leadership braucht einen Kontext, in dem sich Führung nicht durch soziale Dynamiken selbst auffrisst.

Diesen Kontext zu gestalten, darin liegt der größte Mehrwert der formalen Führung. Gestalten, indem die formale Macht genutzt wird, um einen Rahmen zu setzen, der Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Perspektivenaustausch ermöglicht.

Und in diesem Rahmen entsteht selbstorganisierte Führung, die sehr viel bewirken kann. Es entsteht das oben genannte „commitment“, die Basis für ein „Wir-Gefühl“, die Basis für „ich bin Teil des Ganzen“, die Basis für Motivation.

Fazit: Es ist wie das Jonglieren in der Manage

„Manager“ kommt von Manege. Und dort wird jongliert.

Das Patenzrezept gibt es nicht. Das Patentrezept braucht es auch nicht, solange du dich der sozialen Dynamiken, sichtbaren und unsichtbare Kräfte bewusst bist und solange du dich in deiner Rolle als Führungskraft reflektierst.

Denke daran:

Unterstütze soziale Dynamiken durch ein bewusstes, Selbstorganisation und Eigenverantwortung förderndes Verhalten, indem du dich zum Beispiel selbst zurücknimmst und dadurch Raum für andere bietest, nutze deine formale, hierarchische Macht, um einen Schutzraum zu schaffen, in dem das Team so gut es geht frei agieren und sich selbst organisieren kann und somit eine Kultur ermöglicht, die Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Handlungsfähigkeit, auch in komplexen Umfeldern, sicherstellt. Sei da, wenn du gebraucht wirst.

Es gibt nicht den einen „richtigen“ Führungsstil“. Es gibt immer Überraschungen. Je eher du darauf eingestellt bist, desto besser.

 

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